Campen in der Atacama Wüste
„San Pedro de Atacama“ hieß unser nächstes Reiseziel – ein Ort in der Atacama-Wüste, der trockensten und höchstgelegenen Wüste der Welt, die im Norden Chiles liegt. Schon auf der 23-stündigen Busfahrt, die wir auf uns nehmen mussten, um dort hinzugelangen, bemerkten wir Änderungen in der Landschaft, aus welcher sich nun Hügel aus trockenem Gestein erhoben, die uns nicht selten an eine riesige Baustelle erinnerten. Die bis jetzt für uns längste Busfahrt hinter uns, kamen wir endlich auf unserem Campingplatz an, der einen halbstündigen Fußmarsch von San Pedro entfernt lag. Die Matratzen in unserem großen Zweierzelt waren gemütlicher als so manches Hostelbett und die für uns bereitgestellten Decken und Schlafsäcke sorgten auch hier in der Wüste nachts für ausreichend Wärme.
Am nächsten Abend machten wir eine „Astronomic“ Tour, die etwas außerhalb der Stadt in einer Art Garten stattfand. Wir wunderten uns, dass in dem Garten ein heller Scheinwerfer an war, der uns die Sicht auf die Sterne erschwerte, als unser Guide uns aufforderte, die Augen zu schließen, bis zehn zu zählen und dann in den Himmel zu schauen. Also schlossen wir unsere Augen, um diese an die Dunkelheit zu gewöhnen, während der Scheinwerfer ausgeschaltet wurde. Als wir dann unsere Augen öffneten, wurden wir alle von dem unglaublichen Sternenhimmel, der sich uns bot, umgehauen. Manche Sterne waren sogar so klar, dass man ihr Funkeln sehen konnte und auch einige Sternschnuppen konnten wir beobachten. Mithilfe von Sternenkarten konnten wir nun bestimmte Sterne und Sternbilder am Himmel ausmachen und durch fünf Teleskope beobachteten wir den Mars, etc. von nahem. Zum Abschluss gab es Kekse und heiße Getränke, um uns aufzuwärmen.
Dementsprechend spät kamen wir am Campingplatz an und bekamen nur sehr wenig Schlaf, da wir am nächsten Morgen schon um 4:30 Uhr zur nächsten Tour abgeholt wurden. Durch die Dunkelheit fuhren wir zu den sehr hoch gelegenen Geysiren „Del Tatio“. Wir hatten zwar gewusst, dass es hier sehr kalt sein würde, aber auf Minusgrade waren wir dann doch nicht eingestellt. Also liefen wir schlotternd durch die uns umgebenden Naturschauspiele und bewunderten die immer wiederkehrenden, dampfenden Wasserfontänen, die aus den Löchern im Boden hervorschossen.
Wir beide waren die Einzigen aus unserer Gruppe, die sich in der Kälte in eine angeblich heiße Quelle wagten. Diese stellte sich dann aber leider doch nur als lauwarm heraus, sodass wir nur für fünf Minuten im Wasser blieben. Auf unserer Weiterfahrt durch die Wüste hielten wir an einem kleinen Dorf mit einer sehr alten Kirche mit Strohdach an und sahen erstaunlich viele Flamingos und Lamas, die, unbekümmert über schnell nahende Autos, in elegantem Schritt über die Straße stolzierten.
Am Nachmittag liehen wir uns am Campingplatz Fahrräder aus, um eine Fahrradtour im „Valle de la Luna“ zu machen. Als wir dort ankamen, beschlossen wir aber, uns die Fahrradtour für Samstag aufzuheben, da unsere Zeit heute zu knapp war.
Für den nächsten Tag hatten wir wieder eine Tour gebucht, bei der wir sehr nette Leute kennenlernten und auch mit unserer Führerin konnten wir uns sehr gut unterhalten. Als erstes besuchten wir den „Salar de Atacama“, einen großen Salzsee, in welchem viele Flamingos leben. Interessant fanden wir, dass die Flamingos nach ihrer Geburt weiß sind und erst mit dem Alter durch ein bestimmtes Tier, das sie futtern, ihre typische pinke Farbe erhalten. Im weiteren Verlauf der Tour fuhren wir noch zu den „Lagunas Altiplánicas“, zwei wunderschönen Lagunen auf einer Höhe von ca. 4200 Metern ü. NN, welche früher mal einen großen Gebirgssee gebildet hatten, bevor er durch Erschütterungen im Boden geteilt wurde.
Am Abend erklommen wir einen Hügel neben unserem Campingplatz, um uns den Sonnenuntergang anzuschauen. Von hier oben hatten wir eine tolle Aussicht auf San Pedro, die Berge und die Wüstenlandschaft.
Doch der kalte, energische Wind, der hier wehte, trieb uns schon bald zurück in den Gemeinschaftsraum unseres Zeltplatzes, wo die Besitzer heute einen Weihnachtsbaum und eine Krippe aufgestellt und Weihnachtsschmuck aufgehängt hatten.
Die Weihnachtsdeko schaffte es aber nicht, uns hier mitten in der Wüste bei täglich strahlendem Sonnenschein ein wenig Weihnachtsstimmung zu verschaffen…
An unserem letzten Tag in der Wüste versuchten wir zu der kostenlosen Besichtigung von „ALMA“, dem größten und höchsten Teleskop der Erde, zu kommen. Leider ist die Anzahl der Sitze im Bus, der die Besucher zum Teleskop bringt, begrenzt, weswegen man die Plätze vorher im Internet reservieren sollte. Wir hatten keine großen Hoffnungen, teilnehmen zu können, denn im Internet waren alle Tickets und auch die Tickets für die Warteliste schon seit Monaten ausgebucht gewesen. Aber wir hatten unglaublich viel Glück, denn Einige, die reserviert hatten, tauchten nicht auf, sodass auch für uns Platz im Bus war. Das Observatorium liegt auf einer flachen Ebene am Anfang der Berge und die Tatsache, dass man hier mit bloßem Auge 180 Kilometer weit sehen kann, beweist, dass dieser extrem trockene Ort die perfekten Rahmenbedingungen für ein hochqualitatives Teleskop bietet. Die Tour fand nicht beim Teleskop selbst, welches auf über 5000 Metern über dem Meeresspiegel liegt, statt, sondern beim Observatorium, von wo aus das Teleskop gesteuert wird und wo sich die Büros der Forscher befinden. Die Führerin erklärte uns Einiges über die Entstehung, die Funktionsweise und den Aufbau des Teleskops, wer an dem Projekt teilnimmt (Chile, Nordamerika, Europa und Japan) und zeigte uns ein paar Geräte, wie beispielsweise die erste angebrachte Antenne oder die beiden extra für die Antennen hergestellten, tonnenschweren Transporter, deren Höchstgeschwindigkeit bei 5 km/h liegt. Insgesamt war die Führung sehr informativ und interessant und jeder, der nach San Pedro kommt, sollte eine Besichtigung des ALMA-Observatoriums nicht verpassen!
Zum Mittagessen aßen wir Completos, typisch chilenische Hotdogs mit Avocado-Füllung, die wir in Chile unbedingt mal gegessen haben wollten. Unser Plan, mit dem Fahrrad zum „Valle de la Luna“ zu fahren, scheiterte daran, dass Alma sich gleich zu Beginn der Fahrt am Fuß verletzte. So verbrachten wir unseren Nachmittag beim Arzt und besuchten danach noch kurz das in der Nähe des Zeltplatzes gelegene „Valle de la Muerte“ – das Todestal-, in welchem wir uns, umgeben von spitzen und kantigen Sandsteinfelsen, wie in Jim Knopf fühlten. Am Abend genossen wir ein letztes Mal den wunderschönen Wüsten-Sternenhimmel, bevor wir uns am nächsten Morgen auf nach Uyuni machten.
Willkommen in Bolivien
Nach einer achtstündigen Busfahrt durch die Wüste, kamen wir abends bei sehr niedrigen Temperaturen in der bolivianischen Stadt Uyuni an. Sobald wir aus dem Bus gestiegen waren, wurden wir von einer Frau auf ihre Agentur für Touren in die Salzwüste angesprochen. Da wir noch nichts gebucht hatten, erklärten wir uns bereit, deren Angebot anzuhören und folgten ihr gemeinsam mit zwei jungen Chileninnen in ein kleines verstecktes Zimmerchen im Zentrum der Stadt.
Im Auge hatten wir eine viertägige Tour, da uns eine solche von anderen Travellern empfohlen worden war. Aufgrund unseres Zögerns machte uns die Bolivianerin ein besonders gutes Angebot hierfür, woraufhin wir den Vertrag unterschrieben und bezahlten, nachdem sie uns zu einem Geldautomaten geführt hatte.
Den nächsten Tag nutzten wir allerdings erstmal zum Entspannen, da uns die Tage in der Atacama Wüste deutlich unserer Kräfte beraubt hatten. Wir duschten und schlenderten durch die Stadt, in welcher uns sowohl die zahlreichen Touristenagenturen als auch die überwiegend indigene Bevölkerung ins Auge fielen. Auch machte sich deren hohe Lage durch die Kälte und leichte Kopfschmerzen bemerkbar. Auf jeden Fall tat uns der eine Chilltag sehr gut. Jedoch stellten wir nun ein paar Recherchen über die Agentur „Wara del Altiplano“ an, bei der wir am Vortag gebucht hatten. Zu unserem Schrecken fanden wir ausschließlich negative Kritiken, weshalb wir versuchten, die Tickets zurück zu geben. Natürlich klärte sich unsere Tourvermittlerin Fátima nicht bereit, unser Geld zurück zu geben. So entschieden wir, das Risiko einzugehen und den Ausflug dennoch zu beginnen. „Machen wir das Beste draus“, dachten wir uns.
Am nächsten Morgen sollte das bisher größte Abenteuer der Reise beginnen. Uns wurde mitgeteilt, dass man den Ablauf unseres Trips umgekehrt hatte, und wir in Richtung San Pedro fahren sollten, bevor wir die letzten beiden Tage in der Salzwüste von Uyuni verbringen würden. Eigentlich keine große Sache. So quetschten wir uns gemeinsam mit fünf anderen Touristen aus den unterschiedlichsten Teilen der Erde in ein mitgenommen aussehendes Auto. Als der Fahrer bemerkte, dass Alma die einzige Person der Gruppe war, die sowohl Englisch als auch Spanisch beherrschte, forderte er sie auf, sich neben ihn zu setzten und in Zukunft die Erklärungen zu übersetzten. Letztendlich gab es für Alma nicht sonderlich viel zu tun, da der Fahrer uns nie Informationen über die Umgebung mitteilte. Seinen Freunden schien er während der Fahrt allerdings per Sprachnachrichten ziemlich viel mitzuteilen zu haben. Hinzu kam, dass es schon nach einigen Minuten furchtbar anfing nach Benzin zu stinken, sodass alle versuchten, ihre Atemwege durch Stofftücher oder Pullis zu schützen.
Beim Mittagessen bemerkten wir, dass unsere Nachbartische irgendwie reichlicher gedeckt waren als unserer, weshalb wir die übrig gebliebenen Oliven, Gurken und Äpfel stibitzten. Zusammen mit den anderen Reisenden hatten wir eigentlich ziemlich viel Spaß.
Die gute Stimmung hielt an, als wir auf einer befahrenen Sandstraße ein Hinterrad verloren. Drei andere Touristenautos hielten an, um Diego, unserem Fahrer, bei der Montage des Rades behilflich zu sein, und wir konnten frische Wüstenluft schnuppern.
Weiter ging die rasante Fahrt. Nach einiger Zeit, begleitet von der voll aufgedrehten Musik des Chauffeurs, verließen wir die befestige Straße und bogen ein in die endlose Weite der Atacama Wüste. In Höchstgeschwindigkeit rasten wir an einer wunderschönen Salzlagune vorbei und näherten uns so gegen sechs einer weiteren Lagune. Nachdem er einen Blick auf sein Handy geworfen hatte, teilte uns Diego sogar deren Name mit. Währenddessen bretterte er ohne erkennbaren Weg über Hügel, Furchen und Steinhaufen.
So kam es, dass die Schnauze unseres Wagens in den Boden rammte und wir ein Vorderrad verloren. Bei Minusgraden waren alle Mitfahrer erneut gezwungen, das Auto zu verlassen. Der Zugang zu unseren Jacken und Handschuhen in unseren Rucksäcken auf dem Dach des Jeeps wurde uns verwehrt. Stattdessen sollten wir Steine schleppen, um das Auto hochzustemmen.
Zu diesem Zeitpunkt befanden wir uns auf circa 4800 Metern Höhe. „Hier kommen noch andere Gruppen vorbei, die euch in Sicherheit bringen können“, beruhigte uns Diego gelassen. Seit Stunden waren wir keinem anderen Auto begegnet. Zu unser aller Erstaunen, gelang es ihm, das Gefährt zu reparieren, sodass wir unsere rasante Fahrt fortführen konnten.
Auf vergangene Unfälle wurde keine Rücksicht genommen, Diego schien hohe Geschwindigkeiten stets zu bevorzugen. Auf der Höhe der nächsten Lagune sollte uns das Vorderrad vor der herrlichen Kulisse des Sonnenuntergangs in der Wüste erneut im Stich lassen. Dieses Mal rollte es sogar ungefähr fünfzig Meter weiter, die Autokarosserie wurde deutlich beschädigt und es mussten verloren gegangene Schrauben gesucht werden. Keiner von uns glaubte ernsthaft daran, dass es dem Fahrer erneut möglich sein würde, diesen Schaden zu beheben und den Wagen wieder fahrtüchtig zu machen.
Aber wie durch ein Wunder, konnten wir nach zwanzig Minuten bei ungefähr zehn Grad unter Null wieder in den Jeep steigen und die Tour fortfuhren. Inzwischen wollten alle nur noch ins warme Bett.
Wer gedacht hat, dass dies hier der abenteuerliche Part der Geschichte war, der hat sich getäuscht. Denn jetzt kommt der Teil der Fahrt, der wirklich schief ging. Plötzlich holperten wir über einen Hügel und schlingerten bergab. Als Diego das Auto wieder unter Kontrolle hatte, teilte er uns mit, dass die Bremse übrigens nicht mehr funktioniere. Als diese Information in den verschiedenen Sprachen zu allen Reisenden durchgesickert war, griff die Panik über. „Stopp, wir wollen aussteigen“, schrien alle. Aber Diego weigerte sich. Wir waren faktisch seine Geiseln, völlig unter seiner Kontrolle. Und er dachte nicht im Geringsten daran anzuhalten. Wir beide sind uns einig, dass wir in unserem Leben bis dahin noch niemals solche Angst gehabt hatten. Irgendwann einigten wir uns darauf, dass sechs der Reisenden zu Fuß den anderen Beiden im Auto folgten. Als sich der Wagen immer weiter von uns entfernte, bekamen wir erneut Panik. Hätte uns der Fahrer stehen gelassen, wären wir in der Wüste erfroren. Dieser zwang uns stattdessen erneut, in den kaputten Achtsitzer zu steigen. Uns blieb keine Wahl. Nicht unwichtig ist auch das Detail, dass wir weder ein Funkgerät besaßen, noch das GPS Gerät Diegos funktionierte. Dieses führte uns immer im Kreis. Aus diesem Grund waren die Versicherungen des Chauffeurs, dass uns der Weg nicht bergab führen würde, nicht sonderlich vertrauenswürdig. Mithilfe von Almas Handy und einer heruntergeladenen Bolivienkarte, konnten wir wenigstens den nächsten Weg zum Hostel suchen. Bei der folgenden, ungefähr 45 minutigen, Fahrt stand die gesamte Reisegruppe Todesängste aus.
Dank der Hilfe tausender Schutzengel erreichten wir um zehn Uhr nachts das anvisierte Hostel an der Laguna Colorada auf circa 4300 Metern über dem Meeresspiegel. Am nächsten Morgen wurde ein Auto aufgetrieben, das alle Touristen außer Josi und Alma nach San Pedro brachte, wo die anderen die Tour beenden wollten. Wir beide dagegen benötigten einen Rücktransport nach Uyuni. Dieser sollte uns erst in der darauffolgenden Nacht um vier Uhr morgens ermöglicht werden. Angeblich illegalerweise brachte uns der Chef der Hostelangestellten zurück in die bolivianische Stadt. Erneut querfeldein durch die nächtliche Wüste.
Diesmal gönnten wir unseren strapazierten Nerven ein verhältnismäßig teures, sehr schönes Hostel. Von dort aus nahmen wir an einer lohnenswerten Ein-Tages-Tour in die Salar de Uyuni teil. Wir besuchten einen Zugfriedhof, ein ehemaliges Salzhotel und eine Insel voller riesiger Kakteen. Nachdem uns der Guide geholfen hatte, die typischen Uyuni Fotos zu schießen, warteten wir noch den Sonnenuntergang in der größten Salzwüste der Welt ab, bevor wir zurückkehrten.
In der darauf folgenden Nacht, wurden wir um halb zwei Uhr nachts abgeholt, da wir eine „Starlight and Sunrise“ Tour gebucht hatten. Leider stellte sich diese als Reinfall heraus, da wir lediglich in die Salzwüste gefahren wurden, wo sich der Guide ins Auto legte und schlief. Nachdem wir für einige Minuten den unglaublichen Sternenhimmel bestaunt hatten, taten wir es ihm gleich. Um fünf wurden wir von unserem Wecker pünktlich für den Sonnenaufgang geweckt, welcher uns noch einmal einige ziemlich schöne Fotos möglich machte.
Liebe Alma, Liebe Josi,
wir wünschen euch von Herzen ein glückliches und gesundes Neues Jahr 2019!
Auf eurer Weiterreise viel Freude und neue Freundinnen und Freunde.
Ja, und Abenteuer, aber auf jeden Fall immer solche, die definitiv gut ausgehen!
Barbara, Bea und Norbert