Über workaway, ein Internetportal durch welches man Freiwilligenarbeit finden kann, hatte ich eine Familie in Ecuador ausfindig gemacht, in der ich für einige Zeit aushelfen wollte. Ich freute mich bereits darauf, nach fünf Monaten pausenlosem Umherziehen für längere Zeit an einem Ort zu bleiben.
Meine neue Familie bestand aus einer deutschen Mutter, einem ecuadorianischen Vater, dem dreijährigen Dorian und dem neun Monate alten Arik.
Nach dem workaway-Prinzip wurden mir im Austausch zu meiner Unterstützung in der Kinderbetreuung und im Haushalt ein eigenes Zimmer und die tägliche Verpflegung zur Verfügung gestellt.
Bei meiner neuen Unterkunft handelte es sich um ein großes, helles, dreistöckiges Haus mit einem (noch entstehenden) Permakultur Garten, Terrasse mit Schaukel, einem Hund, zwei Kaninchen und einigen Fischen.
Das neue Wohnviertel liegt etwas außerhalb der Stadt. In der Nähe befindet sich der Park Ricpamba mit vielen Blumen, zwei großen Gewächshäusern und zwei Lamas.
In meiner ersten Woche bestanden meine Aufgaben hauptsächlich darin, den kleinen Arik vormittags in den Park auszuführen während sein großer Bruder in den Kindergarten ging, und am Nachmittag ein wenig mit dem Älteren zu spielen und außerdem zu kochen und abzuspülen. So kam ich etwas zur Ruhe und Dorian und ich wurden schnell gute Freunde 🙂
Außerdem machte ich nach einigen Komplikationen eine Schwimmhalle ausfindig, wo ich nach vielen Monaten Pause endlich wieder Sport machen konnte.
Nur leider gelang es mir nicht, ein Klavier zu finden, um auch meine musikalischen Bedürfnisse zu stillen.
Bereits am ersten Wochenende wanderte ich gemeinsam mit der Familie auf den Chimborazo, den höchsten Vulkan Ecuadors und den nächsten Punkt zur Sonne. Bei gutem Wetter konnte man ihn sogar von meinem Zimmer aus sehen. Auf 5000 Metern liefen wir eine kleine Runde von einer Berghütte zur nächsten. So hatte ich bereits eine wichtige Sehenswürdigkeit der Region kennengelernt.
In der nächsten Woche bekamen wir Besuch von einer englisch-französichen Familie aus Amsterdam, die ebenfalls über workaway auf Sarah und ihre Kinder aufmerksam geworden war. Da unsere Familie nun um zwei weitere Kleinkinder wuchs, war das Haus stets von Leben und Lärm erfüllt, zumal wir seit einigen Tagen auch noch den Hundewelpen Satanás beherbergten.
Am Wochenende machten wir mit mehreren anderen Familien einen Ausflug auf einen Berg außerhalb der Stadt und ich machte eine Wanderung mit drei Studenten zu einem mystischen Wäldchen, dem Bosque de Polylepis, in der Nähe des Chimborazo.
Da ich in der nächsten Zeit aufgrund der zusätzlichen Hilfe durch die anderen Freiwilligen nicht unbedingt gebraucht wurde, entschloss ich mich, wie bereits erwähnt, ein zweites Mal nach Guadalupe, in den Süden Ecuadors, zu fahren.
Ich freute mich, nach den zehn Tagen nach Riobamba zurückzukehren, da ich sowohl Sarah als auch die zwei Kinder und den kleinen Hund ziemlich vermisst hatte. In den folgenden Tagen bewiesen Dorian und ich unsere künstlerische Ader, indem wir ziemliche viele Stempel-Kunstwerke herstellten. Außerdem wurde mir bewusst, an wie viele Kinderlieder ich mich erinnern konnte, welche wir gemeinsam anhörten und natürlich auch nachsangen. Sogar Arik versuchte beim Spazierengehen Duette mit mir zu singen. Haupsächlich entpuppte sich der jüngere Bruder aber immer mehr als leidenschaftlicher Tänzer.
Nun bekamen wir erneut Zuwachs. Am folgenden Freitag kam Theresa, eine deutsche Freiwillige in meinem Alter, die sich für einen Monat gemeinsam mit mir um die Kinder kümmern sollte.
Erst einmal fuhr ich allerdings übers Wochenende nach Baños, ein nur zwei Stunden entferntes Städtchen, welches als Ausgangspunkt für viele Ausflüge dient. Dort kam ich bei einer sehr netten „Servas-Frau“ unter. Am nächsten Tag fuhr ich zu dem beeindruckenden Wasserfall „Pailon del Diablo“ und am Nachmittag mit der besten Freundin meiner Gastgeberin zu einem Baumhaus mit Schaukel, das von Touristen überlaufen war. Montagmorgen standen wir um halb sechs auf, um zu einer der heißen Quellen von Baños zu laufen, bevor ich mittags nach Riobamba zurückkehrte.
In der zweiten Hälfte meines Au-pair Aufenthaltes sollten Theresa und ich nachmittags die beiden Kleinen beschäftigen und hatten dafür vormittags frei. Diese Zeit nutzte ich, um schwimmen zu gehen, mit Theresa in der Innenstadt zu bummeln oder Blogeinträge zu schreiben 🙂
Am Nachmittag gingen wir oft mit den Kindern spazieren, kneteten, stempelten, malten mit selbst hergestellter Straßenkreide, bauten Höhlen, bastelten Drachen, lasen Bücher, sangen Lieder, enterten Piratenschiffe, klebten Verkehrsnetze für Spielzeugautos auf den Boden und noch vieles mehr. Ich fand es schön, so viel spazieren zu gehen, wobei wir des Öfteren beim Bäcker vorbeischauten und eine kleine Vesperpause einlegten. Außerdem half Dorian uns Großen, die vielen Schildkröten, Haie und Delfine in den kleinen Kanälen rund um das Viertel ausfindig zu machen ;).
Auch machte es mir unglaublich viel Spaß, mit den Kindern meiner Fantasie freien Lauf lassen zu können und gemeinsam kreative Bastel- und Spielnachmittage zu verbringen. Wir hatten zu viert immer eine sehr schöne Zeit und vor allem wir beiden Älteren waren abends meistens ziemlich erschöpft.
Für unsere freien Tage – nach dem workaway-Prinzip stehen den Freiwilligen zwei Tage pro Woche zu – hatten wir meistens Ausflüge geplant. So fuhr ich für ein verlängertes Wochenende in die Hauptstadt Ecuadors, nach Quito.
Auch dort konnte ich bei Servas-Hosts übernachten, wo ich sofort in die Familie aufgenommen wurde. An meinem Ankunftstag gingen wir zusammen Volleyball spielen, wobei alle bis auf die älteste Tochter mit ihrer Neugeborenen teilnahmen.
Abends fuhren wir ins Zentrum, wo Eltern und „Kinder“ bis mitten in der Nacht zusammen tanzten. Sonntags feierten wir den Geburtstag des Großvaters mit vielem gutem Essen und ich wurde anschließend ins Kino eingeladen.
Der älteste Sohn entpuppte sich als begeisterter Stadtführer und führte mich den gesamten Montag an die verschiedensten Orte Quitos. Leider musste ich meine neuen Freunde am Dienstag früh wieder verlassen, um zu meinem vorübergehenden Zuhause in Riobamba zurückzukehren.
Ein anderes Vorhaben von Theresa und mir war die Wanderung zum Vulkan Altar. In diesem Fall hatte es das Schicksal nicht gut mit uns gemeint. Wir mussten den Ausflug mehrmals verschieben, da wir beide für längere Zeit krank waren. Letzten Endes konnten wir unser Vorhaben an unserem vorletzten Wochenende doch noch in die Tat umsetzen. Die zweitägige Wanderung mit Übernachtung auf einer Berghütte war zwar unglaublich anstrengend, hat sich aber auf jeden Fall gelohnt und wir haben eine sehr schöne Zeit zusammen verbracht.
Danke Sarah, dass du uns die Wanderung empfohlen hast und mit den nötigen Informationen und Equipment ausgestattet hast.
Auch den Chimborazo bestieg ich mit meiner Mitfreiwilligen erneut, diesmal mit wunderschönem Wetter und einer perfekten Sicht auf den verschneiten Gipfel.
Des Weiteren verbrachten Theresa und ich einen unserer freien Abende im Theater und einen im Kino. Sowohl die Techniken und Spielweise der ecuadorianischen Theaterschauspieler als auch der indische Film „Water“ beeindruckten und beschäftigten uns beide sehr. Zudem hatten wir uns für jeweils einen Dollar (!) in der Stadt einige Filme gekauft, die wir uns zusammen ansahen.
An einem anderen Abend wurde mit Freunden und der Familie des Vaters gegrillt. Zusammen mit Sarah bereiteten wir verschiedene Gemüse und Salate vor, was vom ecuadorianischen Teil der Gesellschaft zwar vorerst amüsiert beäugt, dann allerdings gierig verschlungen wurde.
Es war total schön, während meines relativ langen Aufenthaltes die Entwicklung vor allem des jüngeren Bruders beobachten zu können. Während Arik anfangs meistens anfing zu weinen, sobald er seine Mutter verschwinden sah, fühlte er sich nach einiger Zeit viel wohler bei mir, winkte mir morgens zu und begrüßte mich und tanzte und kletterte auf mir herum. Insgesamt wurde unser jüngster Mitbewohner mit der Zeit immer aktiver und entwickelte einen großen Erforschungsdrang. Ich konnte beobachten, wie er lernte zu krabbeln, sogar fast schon alleine zu stehen, und sich seine Lauffähigkeiten, natürlich noch mit Unterstützung, stets verbesserten. Auch wuchsen ihm zwei Zähne während meines Aufenthaltes 🙂 Insgesamt habe ich viel über die Entwicklung und Erziehung von Kindern gelernt, was mir in Zukunft sicherlich von großem Nutzen sein wird.
An unserem vorletzten Tag wurde abends vor dem Haus ein großes Lagerfeuer geschürt und wir bekamen Besuch von Freunden der Familie, um eine deutsche Spezialität zu verspeisen, das Stockbrot. Es herrschte eine wunderschöne Stimmung und einige der Anwesenden packten ihre Instrumente aus und es wurde lange Musik gemacht und gesungen.
Am Samstag vor unserer Abreise machten Theresa und ich gemeinsam mit Sarah und den Kindern einen Ausflug auf den Hügel hinterm Haus, von welchem man die Gegend überblicken konnte. Abends gingen wir drei Mädels zum ersten Mal zusammen in die Stadt, um zusammen essen zu gehen und uns eine moderne Tanzaufführung anzusehen.
Am nächsten Morgen mussten wir den kleinen Welpen anbinden als wir das Haus in Richtung Dschungel verließen, damit er sich nicht durch den Zaun quetschte und uns folgte.
Ich habe Sarah und die Kinder während meiner Zeit in Riobamba sehr ins Herz geschlossen, viel gelernt und viel erlebt.
Vielen vielen Dank <3
Danke auch Theresa, für alles, was wir zusammen erlebt haben. Ich bin froh, dass du auch nach Riobamba gekommen bist 🙂
Danke auch an Chary in Baños und Ronald und seine Familie in Quito, dass ihr mich so herzlich aufgenommen habt!!!
PS: Kommt nach Riobamba
Falls ihr jemanden kennt, der oder die auch nach Südamerika reist, Freiwilligenarbeit im Auge hat und gerne Zeit mit Kindern verbringt, könnt ihr ja von workaway und meiner Gastfamilie in Riobamba erzählen.
Ich kann sehr süße Kinder, Sarah als tolle Gesprächspartnerin und Freundin, einen dann vermutlich nicht mehr so kleinen Hund, aber ein wahrscheinlich fertiges Haus versprechen.
Von Riobamba aus kann man viele Ausflüge in die Berge machen und von Sarah Tipps für Kulturveranstaltungen und Wanderungen erhalten. Die Stadt Baños, die für tolle Lage, ihre Wasserfälle, heißen Quellen und ihr Angebot an Abenteuersport bekannt ist, liegt nur knappe zwei Stunden entfernt. Die Großstädte Quito und Guayaquil, als auch der Regenwald sind jeweils nur circa vier Stunden entfernt. Riobamba stellt einen geeigneten Ausgangspunkt für eine Erkundung Ecuadors dar.
Sarah freut sich über deutschsprachige Freiwillige, die den beiden Kindern ihre Muttersprache beibringen können und am besten mindestens einen Monat bleiben wollen.
Gerne könnt ihr Sarah auch direkt kontaktieren (WhatsApp: +593 982 035 482; sarahschob@gmx.net)
Zum Abschluss meiner Südamerikareise war ich zusammen mit Theresa über workaway in einem indigenen Projekt im ecuadorianischen Regenwald – doch davon später mehr.
Und jetzt mache ich mich auf in die USA 🙂